HomeRechtsgebieteSchulrechtSonderpädagogischer Förderbedarf – das AO-SF Verfahren

Sonderpädagogischer Förderbedarf – das AO-SF Verfahren

Das Wichtigste in Kürze
  • AO-SF Verfahren: Das Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung
  • Schülerinnen und Schüler, mit einer Behinderung oder Lern- oder Entwicklungsstörung werden nach ihrem individuellen Bedarf sonderpädagogisch gefördert, § 19 SchulG NRW
  • In § 19 Schulgesetz NRW und § 2 AO-SF sind die Förderschwerpunkte abschließend aufgezählt: Lernen, Sprache, Emotionale und soziale Entwicklung, Hören und Kommunikation, Sehen, Geistige Entwicklung und Körperliche und motorische Entwicklung. Autismus-Spektrum-Störungen können auch sonderpädagogischen Förderbedarf begründen
  • Förderorte können grundsätzlich sein: die Regelschule im Gemeinsamen Lernen oder die Förderschule
  • Es kann eine zielgleiche oder zieldifferente Beschulung (eigener Bildungsgang) erfolgen
  • Der Antrag auf Eröffnung des AO-SF Verfahrens kann durch die Eltern oder (teilweise) durch die Schule gestellt werden
  • Das AO-SF Verfahren (Erstellung sonderpädagogisches Gutachten, Elterngespräche, schulärztliche Untersuchung usw. ) wird von der Schulaufsichtsbehörde durchgeführt.
  • Die Schulaufsichtsbehörde entscheidet abschließend mittels Bescheid über sonderpädagogischen Förderbedarf
  • Gegen den Bescheid kann man Klage einlegen
Sonderpädagogischer Förderbedarf – das AO-SF Verfahren

Dem Bedarf an sonderpädagogischer Förderung und sonderpädagogischer Unterstützung (sonderpädagogischer Förderbedarf) und dem Verfahren zur Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf, sogenanntes AO-SF Verfahren, kommt im Schulrecht eine besondere Stellung zu. Denn ein falsch festgestellter Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung – sei es, dass ein solcher tatsächlich nicht vorliegt oder eine falsche sonderpädagogische Unterstüzung festgelegt wird – hat, insbesondere in Verbindung mit einer entsprechenden Zuweisung zu einer Förderschule
(Sonderschule), erhebliche Auswirkungen und Nachteile auf die Entwicklung des Kindes und der Schullaufbahn und damit die berufliche Zukunft und den Lebensweg des Kindes.

Aufgrund dieser enormen Bedeutung, sollten Sie bereits dann unverzüglich rechtlichen Rat einholen, wenn Ihnen von der Schule mitgeteilt wird, dass möglicherweise Bedarf an sonderpädagogischer Förderung und sonderpädagogischer Unterstützung (sonderpädagogischem Förderbedarf) bei Ihrem Kind besteht bzw. sich sonstige Anzeichen für die Eröffnung eines solchen Verfahrens ergeben. Solche Mitteilungen bzw. solches Anzeichen können sein, dass z.B.

  • Ihr Kind nach Auffassung der Lehrer eine besondere Förderung bräuchte,
  • es plötzlich und auffällig viele Beschwerden über Ihr Kind von Lehrern gibt, dass es z.B. andere Kinder hauen, schubsen, ärgern würde,
  • Ihr Kind nach Auffassung der Lehrer in der Schule sehr schlecht sei und eine Klasse wiederholen sollte,
  • die Lehrer mitteilen, dass eine Beschulung in einer kleinen Gruppe und eine intensive Betreuung Ihres Kindes erfolgen müsse,
  • Ihr Kind nach Hause kommt und sagt, dass heute eine Frau/ein Mann im Unterricht war, um es zu beobachten – die Beobachtung des Kindes im Unterricht gehört grundsätzlich zum Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung
  • von der Lehrerin/dem Lehrer/der Schulleitung z.B. folgende Begrifflichkeiten fallen: emotionale soziale Störung, Lernbehinderung, besondere Förderung, ADS, ADHS, Inklusionshelfer, I-Helfer, Schulbegleiter, das Kind sei eine Gefahr für sich und andere, sitzenbleiben, Jugendamt usw.

Da es oftmals auch vorkommt, dass die Schule und Lehrer die Eltern nicht oder falsch hinsichtlich des AO-SF Verfahrens aufklären und Ihnen – den Eltern – z.B. in einem Gespräch (nebenbei) ohne oder mit einer falschen Erklärung ein Formular zum unterschreiben geben, mit welchem Sie dann das Verfahren zur Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedaf eröffnen würde und was für Sie dann nachteilig sein könnte, sollten Sie vorsichtig sein, wenn Sie im Zusammenhang mit dem AO-SF Verfahren entwas unterschreiben sollen. Grundsätzlich kann unter bestimmten Voraussetzungen die Schule auch ein Ao-SF Verfahren auch ohne Zustimmung der Eltern einleiten, dies bedarf aber bestimmter Voraussetzung und ist nur im Ausnahmefall möglich. Deshalb versuchen die Lehrer der Schule immer die Unterschrift der Eltern für die Eröffnung des Verfahrens zu erlangen. Es ist anzuraten, sich zeitnah Rat bei einem Anwalt einzuholen.

TIPP: Unterschreiben Sie nichts, wenn Sie nicht genau wissen, was Sie unterschreiben. Denn bereits eine Unterschrift kann für Sie bzw. Ihr Kind erhebliche Nachteile und Probleme zur Folge haben! Die Schule kann Sie zu nichts zwingen. Nehmen Sie lieber Kontakt mit uns auf und wir teilen Ihnen dann gerne mit, ob Sie Unterlagen, die Sie von der Schule erhalten haben, unterschreiben können.

Je schneller gehandelt wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten. Warten Sie also grundsätzlich nicht bis Sie einen Bescheid von der Schulaufsichtsbehörde erhalten, sondern reagieren Sie sofort!

Das Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung (AO-SF Verfahren)

Das Verfahren und die Voraussetzungen zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Förderung und sonderpädagogischer Unterstützung (sonderpädagogischer Förderbedarf) sind gesetzlich geregelt. So ist z.B. in § 19 Schulgesetz NRW geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine sonderpädagogische Förderung erfolgen soll:

„Schülerinnen und Schüler, die auf Grund einer Behinderung oder wegen einer Lern- oder Entwicklungsstörung besondere Unterstützung benötigen, werden nach ihrem individuellen Bedarf sonderpädagogisch gefördert“.

In § 2 der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Klinikschule (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung – AO-SF) sind die Förderorte und die Förderschwerpunkte der sonderpädagogischen Förderung aufgeführt:

„(1) Orte der sonderpädagogischen Förderung sind

  1. die allgemeinen Schulen (allgemeinbildende Schulen und Berufskollegs),
  2. die Förderschulen,
  3. die Klinikschulen.

(2) Schwerpunkte der sonderpädagogischen Förderung sind

  1. Lernen,
  2. Sprache,
  3. Emotionale und soziale Entwicklung,
  4. Hören und Kommunikation,
  5. Sehen,
  6. Geistige Entwicklung,
  7. Körperliche und motorische Entwicklung“.

Aufgrund der gesetzlichen Regelungen lässt sich das Verfahren zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung (sonderpädagogischem Förderbedarf) auf mögliche formelle und materielle Fehler überprüfen. Hier kann es vorteilhaft sein frühestmöglich, also schon vor Erlass des Bescheids über die Feststellung von sonderpädagogischer Unterstützung und die Zuweisung zu einer Förderschule oder dem Gemeinsamen Lernen in einer allgemeinen Schule, das Verfahren zu begleiten. Nach Erlass des Bescheids durch die Schulaufsichtsbehörde kann der Bescheid dann (erfolgreich) mit Rechtsmitteln angegriffen werden.

In Nordrhein-Westfalen gab es im Schuljahr 2017/18 ca. 129.000 Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung. Hiervon besuchten ca. 74.000 Schüler Förderschulen – also ohne Unterricht im gemeinsamen Lernen in allgemeinen Schulen. Dieser Umstand ist unserer Auffassung nach nicht mit geltendem Recht vereinbar. Nach Art. 24 der UN-Behindertenrechtskonvention vom 13.12.2006, welche durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert und am 26.03.2009 für die Bundesrepublik völkerrechtliche Gültigkeit erlangte hat, dürfen „Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden“. Vielmehr ist ihnen „gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem (inklusivem), hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen“ (Inklusion) zu gewähren und entsprechendes sicherzustellen. Dies führt dazu, dass über die Behindertenrechtskonvention ein Anspruch auf Teilnahme am Unterricht einer allgemeinen Schule besteht. Die Zuweisung zu der Förderschule (Sonderschule) ist damit fast ausschließlich rechtswidrig.

Rechtsanwalt Dr. Felix Winkler hat die Probleme, die im Zusammenhang mit dem sonderpädagogischen Förderverfahren auftreten können, umfassend in seiner Dissertation („Rechtsprobleme des Verfahrens zur Feststellung von sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen – Eine Analyse unter Berücksichtigung der Rechtsprechung“) erörtert und untersucht.

In Nordrhein-Westfalen wurde zum 01.08.2014 – beginnend für das Schuljahr 2014/2015 – durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz erstmals der Art. 24 BRK in nordrhein-westfälisches Schulrecht umgesetzt. Das neue Schulgesetz stärkt die Rechte der Kinder und der Eltern. So entscheidet die Schulaufsichtsbehörde grundsätzlich nur noch auf Antrag der Eltern über den Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und die Förderschwerpunkte. Des Weiteren findet eine sonderpädagogische Förderung (wenn Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung bejaht und festgestellt worden ist) grundsätzlich in einer allgmeinen Schule und dort im Unterricht des Gemeinsamen Lernens statt.

Unsere Spezialisierung – Ihr Vorteil!

Haben Ihnen gegenüber z.B. Lehrer geäußert, dass Ihr Kind möglicherweise Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung (sonderpädagogischen Förderbedarf) hat oder soll ein entsprechendes Verfahren durchgeführt werden, dann sprechen Sie uns an. Aufgrund langjähriger Erfahrungen und einer Vielzahl von geführten Verfahren, verfügen wir über eine ausgewiesene Expertise im Schulrecht. So war Rechtsanwalt Dr. Felix Winkler auch bereits zu Gast im Studio bei Stern TV und wurde dort zu schulrechtlichen Fragen interviewt – u.a. was Lehrer nicht dürfen.

Dr. Winkler ist bekannt unter anderem aus:

Rechtsanwalt

Dr. Felix N. Winkler
Hohenzollernring 38-40
50672 Köln

 
Mitglied im:
Kontakt
Tel.: 0221 – 630 614 80
Fax: 0221 – 630 614 809

winkler@rechtsanwaltskanzlei-winkler.de

© 2024 – Rechtsanwaltskanzlei DR. WINKLER